Aktuell

Bericht zum Jubiläumsanlass 40 ANNI DAH in Murg / SG | So 26.5.24

09. Juni 2024 - Lukas Alioth, Präsident & Caroline Weber Golder

40 ANNI DAH in Murg

Bei herrlichem Wetter machten sich am Sonntag, dem 26. Mai, über 100 Mitglieder und Gäste aller Altersgruppen auf den Weg nach Murg am Walensee. Für das Tagungsthema "Umnutzen + Weiterentwickeln" bot die Alte Spinnerei ein hervorragendes Anschauungsbeispiel. Karin Salm moderierte eine interessante Podiumsdiskussion, in der die unterschiedlichen Sichtweisen und Erfahrungen zum Ausdruck kamen. Das Mittagessen am See bot Gelegenheit zum Austausch. Führungen und eine Schifffahrt rundeten den sonnigen Sonntag ab. 

Zur Debatte standen wichtige Themen: Umnutzen vs. Abreissen, Energieeffizienz, Nachhaltigkeit und Identität. Über 80 Prozent des Schweizer Abfalls entsteht durch Häuserabriss; dies erzeugt 500 kg Bauschutt in der Sekunde. Würde man diese Mengen aufs Jahr gerechnet auf Lastwagen laden, würde die Schlange von hier bis Johannesburg reichen. So stellt sich die Frage, wie die Schweizer Baulandschaft nachhaltiger werden kann. Die Teilnehmenden der Podiumsdiskussion waren sich einig: Gebäude sollten nicht massenhaft abgerissen, sondern vermehrt umgenutzt und weiterentwickelt werden. Im Jubiläumsjahr hat DAH ein hochaktuelles Thema aufgegriffen und bleibt damit am Puls der Zeit.

Nach der Begrüssung durch den Präsidenten Lukas Alioth blickte Dieter von Ziegler auf die letzten 30 Jahre zurück. Trotz grossen Engagements musste die Spinnerei 1996 aufgrund veränderter Rahmenbedingungen in der Textilindustrie geschlossen werden. In der Folge wurden die ehemaligen Fabrik- und Lagerhallen etappenweise zu Gastgewerbe, Loftwohnungen, Ateliers, Gewerberäumen und Werkstätten umgenutzt. So ist wieder viel Leben in die stillgelegten Anlagen und ins Dorf zurückgekehrt.

Die Podiumsdiskussion unter Leitung von Karin Salm beleuchtete das Thema "Umnutzen + Weiterentwickeln" aus den Perspektiven der Raumplanung, der Denkmalpflege, der Eigentümerschaft und der Architektur. Im Zentrum der Diskussion standen die Rahmenbedingungen für innovative Nutzungskonzepte, energieeffiziente und nachhaltige Lösungen. Aus der Diskussion ergaben sich folgende wichtige Erkenntnisse:

  • Der beste Schutz des Bestandes ist der Gebrauch. So kann die Geschichte weitergeschrieben werden. Es soll erkennbar sein, was alt und was neu ist. Beispiel: vorgehängte Balkone am Fabrikgebäude.
  • Die bestehenden Gesetze sind heute primär auf Neubauten ausgerichtet und sollte auch Umbauten berücksichtigen, umso mehr Umbauten und Umnutzungen z.B. von Industriebauten deutlich zunehmen. Die Gesetzgebung sollte deshalb auf Bauen im Bestand re-reguliert werden.
  • Heute werden Umbauten bestraft. Ausserhalb der Schutz- und Schonzonen sollte insbesondere die Aufstockung bestehender Gebäude belohnt werden. 
  • Ziel sollte es sein, mehrheitsfähige und pragmatische Lösungen zu finden, die möglichst vielen Bedürfnissen gerecht werden.
  • Um die Klimaziele zu erreichen, sollten mehr Gebäude erhalten bleiben und weniger abgerissen werden. Andreas Ruby, Direktor S AM Schweizerisches Architekturmuseum, fordert deshalb ein 11. Gebot: "Du sollst nicht abreissen."
  • Die Einstellung zur Denkmalpflege ist positiv. Es besteht jedoch der Wunsch an die Denkmalpfleger, ihre eigenen Regeln zu überdenken. Der Ansatz sollte sein: Was kann als Material für die Transformation verwendet werden? NB: Auch die Römer entwickelten die Architektur der Griechen weiter und passten sie ihren Bedürfnissen an. Es erscheint deshalb wichtig, die Denkmalpflege möglichst früh in ein Projekt einzubinden. 
  • Die Podiumsdiskussion endete mit dem Schlusswort: "Änderung ist Teil der Identität."

Die Alte Spinnerei bot einen hervorragenden Rahmen, um das Tagungsthema zu veranschaulichen und zu diskutieren. Nach einem feinen Mittagessen an den Gestaden des Walensees führten das Ehepaar von Ziegler durch die geschmackvoll umgestalteten Räumlichkeiten. Alternativ wurde eine Rundfahrt auf dem Walensee angeboten. Die Resonanz auf die Tagung war insgesamt sehr positiv. Herzlichen Dank an alle Beteiligten und insbesondere an die Gastgeber. Gemeinsam konnten wir auf ein beeindruckendes Lebenswerk zurückblicken, das uns von den beiden DAH-Mitgliedern sehr authentisch präsentiert wurde.

Überblick der Veranstaltung mit Bildern (Dank an Herr Huber!)